und so machen es die Amis

  • ......Der politische Wille fehlt, weil es auch keinen Willen in der Gesellschaft gibt.


    Der einzige Punkt, bei dem ich Dir widersprechen möchte. Den Willen der Gesellschaft gibt es nicht, weil die Politik es versäumt diesen herbeizuführen bzw. durch eine Vernünftige und faire Informationspolitik dafür zu sorgen dass die Menschen wissen um was es dort überhaupt geht.


    Ich möchte hier den Hauptfeldwebel Seibert, Träger des Ehrenkreuz für Tapferkeit, zitieren:


    Frage: Wie wichtig ist für Sie die Anerkennung, die Sie nun durch die Verleihung des Tapferkeitsordens erfahren haben?

    Antwort: Das ist zwar schön, aber ich lege keinen gesteigerten Wert drauf. Viel wichtiger wäre mir eine größere Anerkennung unserer Arbeit in der Bevölkerung. Wir Soldaten haben ein Recht darauf, dass die Menschen in unserem Land achten und respektieren, was wir in Afghanistan tun. Wir halten unseren Kopf hin für dieses Land und dafür wollen wir nicht noch missfällig angeschaut oder angepöbelt werden. Ich glaube, da spreche ich im Namen aller Soldaren, die mit mir in Kunduz waren. -Zitat Ende, Quelle Loyal 4/2010-


    Dieses Verständnis zu erzeugen ist Aufgabe dieser Regierung. Und wie in vielen anderen Bereichen versagt sie auch hier.


    Gruß

  • Den Willen der Gesellschaft gibt es nicht, weil die Politik es versäumt diesen herbeizuführen bzw. durch eine Vernünftige und faire Informationspolitik dafür zu sorgen dass die Menschen wissen um was es dort überhaupt geht.


    Henne oder Ei?
    Selbstverständlich hat weder eine der drei für den Afghanistan verantwortlichen Bundesregierungen noch eine der vier Fraktionen, die den EInsatz im Bundestag beschlossen und regelmäßig verlängert haben, großen Eifer an den Tag gelegt, eine gesellschaftliche Debatte mit dem Ziel herbeizuführen, die Zustimmung in der Bevölkerung zu steigern.
    Ebenso kann man aber auch sagen, daß weder die wahlberechtigte Bevölkerung noch unsere Presse ein gesteigertes Interesse gezeigt hätten. Demokratie lebt vom Mitmachen, vom sich-interessieren, vom sich-informieren. Informiertheit ist eine Holpflicht. Wer sich nicht informiert, sinkt in selbstverschuldete Unmündigkeit und ist letztlich moralisch unwürdig, sein Wahlrecht auszuüben (auch wenn dieses rein rechtlich nicht an irgendwelche Voraussetzungen geknüpft ist).


    Es mag staatsmännisch falsch gewesen sein, nicht stärker um Zustimmung zu werben, aber daß die Bundeswehr von der Gesellschaft nicht doll liebgehabt wird, darüber lamentieren die Soldaten (und auch ich) seit vielen Jahrzehnten.
    Ich will jetzt nicht sagen, daß die Soldaten in diesem Punkt weinerlich sind; sie haben ja recht. Aber recht haben und Recht bekommen sind zwei verschiedene Dinge. Man kann die Pferde zum Wasser führen, saufen müssen sie alleine. Und irgendwann muß man dann mal zur Kenntnis nehmen, daß unsere Gesellschaft zwar nicht vollkommen zahnlos ist, aber solange sich die Umstände nicht dramatisch ändern, mit der Bundeswehr niemals richtig warm werden wird.
    Das heißt nicht, daß man nicht weiterhin darauf hinweisen soll. Aber letztlich müssen wir es ebenso hinnehmen wie das Wetter. In sechs Jahren wird die Bw ihren fünfzigsten feiern und ungefähr genauso geliebt werden wie zum Zeitpunkt ihrer Gründung und zum Höhepunkt der Friedensbewegung. Man respektiert die Bundeswehr, aber man will nicht mehr mit ihr zu tun haben und unbedingt nötig.


    In einer Demokratie finden sich selten klare Mehrheiten. Umso weniger, wenn es sich um Themen handelt, die sich für Agitation gut eignen - Atomstrom, Abtreibung, Krieg, Rente, Steuern, Schule, Benzinpreis. Der Afghanistan-Einsatz hätte vielleicht nicht scheitern müssen, wenn wir ihn ohne Illusionen über seine Natur begonnen hätten und von vornherein zielorientiert gehandelt hätten. Die militärtheoretischen Abhandlungen über Aufstandsbekämpfung füllen ganze Regalreihen, und es hat sich in den letzten 150 Jahren ganz gut herauskristallisiert, was funktioniert und was nicht.
    Afghanistan in eine westliche Demokratie umzustricken - naja, dazu bräuchte man einen wesentlich längeren Atem als wir jemals haben werden, zwei Generationen oder so (also ca. 50 Jahre dauerhafte Besatzung). Zu verhindern, daß eine Regierung an die Macht kommt, die Al Quaida und ähnliche Terrororganisationen im Land je wieder tolerieren wird? Schon eher machbar (obwohl Voraussagen immer schwierig sind, besonders, wenn sie die Zukunft betreffen).


    Hätte, wäre, wenn - am Ende ist das alles egal. Die Frage ist, wie beenden wir den Einsatz, ohne daß alles umsonst war - bzw. ab welchem Punkt kommt diese Gesellschaft zu dem Entschluß, daß die zu erwartenden Kosten für die Fortdauer des Einsatzes den Ertrag daraus erheblich überschreiten. Spätestens dann wird die Regierung den Rückzug einleiten.


    Ich glaube nicht, daß wir die Rückkehr der Taliban verhindern können. Am Ende wird es irgendeinen Verhandlungsfrieden geben, der vermutlich halten wird, bis alle Ausländer abgezogen sind, vielleicht noch ein, zwei Jahre länger. Die Frage ist also lediglich, wie lange es dauert, bis alle das einsehen (vermutlich noch zwei Jahre), und ob wir bis dahin einen Verhandlungskanal aufbauen können, über den wir einigermaßen verläßich aushandeln können, daß von Afghanistan künftig kein Terrorismus mehr exportiert wird. Das allein zu erreichen wird schwer genug. Vielleicht erfordert es, daß wir noch fünf, sechs Jahre bleiben. Es ist aber fraglich, ob wir noch so viel Zeit haben.

    Bitte keine Privat-Nachrichten an mich!
    eMails integrieren sich viel besser in meinen Arbeitsablauf, oder schreibt's gleich ins Forum, OK?